nackter morgen

In der letzten Woche fiel mir in einer fremden Küche ein kleines Kästchen mit magnetischen Wörtern in die Hände. Und ich legte es erst wieder zurück, nachdem ich jedes Wort und jede Silbe mindestens zweimal herumgedreht hatte und am Kühlschrank ein paar Zeilen klebten. Der Weg bis zum fertigen Gedicht war eine große Herausforderung, da mir ständig Worte fehlten, die ich gerne verwendet hätte, diese aber partout nicht im Kästchen anzufinden waren. Hier mal ein kurzer Blick in den Wortsalat...

(m)ein "Wortschatz"

Nach einer gefühlten Ewigkeit und einem halbfertigem Gedicht beschloss ich dann jedes Wort einzeln herauszunehmen und vor mich auf den Küchentisch zu legen, um eine bessere Übersicht über meine Möglichkeiten für dieses gepuzzelte Gedicht zu erhalten...

in der Tat: absurd

Irgendwann hatte ich alle Möglichkeiten geprüft und mich für eine finale Version entschieden. Das ist meist der schwierigste Punkt beim Schreiben, da ein Gedicht im Grunde niemals fertig ist und man als Autor ständig neue Versionen schreibt. Erst, wenn die Zeilen schwarz auf weiß gedruckt sind und auf Papier vor einem liegen, kann man ein wenig Abstand gewinnen. In diesem Fall fiel es mir jedoch besonders schwer, da ich gerade den Schluss nicht als besonders stimmig empfand. Deshalb gibt es hier neben der Bildversion noch einmal eine veränderte Variante nachzulesen...

nackter morgen, 2012


Sascha Röhricht


nackter morgen


nackter morgen
sonne der liebe
stadtraumduft
zwei schatten im tv
und ein mädchen
aus milch und honig
ist ganz nahe bei mir
sie zögert leicht
und sagt wenig
aber trinkt heimlich
meine müde poesie
und beklagt dann erneut
den halbblinden kuss…
nun vielleicht
schlafe ich deshalb
wieder und wieder
und für immer
hier bei ihr!


2012

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