scharlachrot auf uraniaschwarz

Jeder Dichter und Schriftsteller hat ein besonderes Verhältnis zu seinem Schreibwerkzeug. Dabei spielt es keine Rolle, ob es nun ein Bleistift, ein Füller, ein Laptop oder wie in diesem Fall eine Schreibmaschine ist. Sicher trägt ein älteres Werkzeug eine gewisse nostalgische Note mit sich. Doch im Grunde geht es darum, dass ein Autor viele Stunden mit diesem Utensil verbringt und mit der Zeit jede kleinen Ecke und auch die Macken kennen lernt. Heute habe ich eine meiner Schreibmaschinen (Urania) hervorgeholt, um ihre längere Ruhepause zu beenden. Es war recht schön draußen und ich so nahm ich sie mit in den Garten. Was sich überraschenderweise daraus ergab, dass kann man im folgenden Bild sehen und im Gedicht lesen...

scharlachrot auf uraniaschwarz, 2012


Sascha Röhricht


scharlachrot auf uraniaschwarz


meine Muse
liegt im tiefen Gras
und sonnt sich ihre
rostigen Ecken und Kanten
ich lege mich dazu
und streiche über ihre
runden ruhenden Tasten
auf die ich
ohne jemals zu rasten
eingeschlagen habe
wenn mir der Affe
im Nacken saß…
und auch heute
juckt es mir wieder
in den Fingergliedern
und ich bitte die Dame zum Tanz
doch just in diesem Moment
kommt aus dem Firmament
ein scharlachrotes Flügelkleid
und landet auf dem Rücken
meiner Textproduzentin
erkundet ihre schwarze Haut
und auch ihre maschinelle Seele…
und ich, ich halte kurz inne
beobachte das Geschehen
und erfreue mich
an des Käfers Glück
lehne mich zurück
genieße das warme Licht
und schreibe in Gedanken
an einem Sommergedicht…


2012


Normalerweise gibt es stets nur eine Fotografie pro Gedicht, aber weil es so schön ist, sind hier weitere Aufnahmen zum Marienkäfer und der Schreibmaschine...

Urania im Grünen

aufgereihte Buchstaben in Schlagdistanz

kurz vorm Abflug?

...und Texte auch auf der Walze

Natur und Kultur

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