auf weißen Schimmeln durchs blasse Grau

Auf den langen Fluren der Ämter und Behörden kann man sich rasch für eine halbe Ewigkeit verlieren. Und manchmal ist es wie in Kafkas Roman "Das Schloss" und man verläuft sich in den Wirren der ungeschriebenen Gesetze und verklausulierten Normen des alltäglichen Stempelterrors. Und ein Gebäude kann eine noch so beeindruckende Ästhetik haben, wenn die Menschen, die in diesem Haus arbeiten in Düsternis waten, so wird die Aura der Mauern den eigenen Schwermut fördern. Von all diesen großen Kleinigkeiten, den unbestimmten Wahrheiten und dem Ausbrauch aus dem Dilemma der Bürokratie handelt das folgende Gedicht und die Fotografie, die das Görlitzer Rathaus zeigt...

auf weißen Schimmeln durchs blasse Grau, 2012


Sascha Röhricht


auf weißen Schimmeln durchs blasse Grau


Rost frisst sich den Paternoster hinauf
in den Kabinen stehen unsere Namen
wir suchten stets der Lichter Lauf
und fanden doch nur stumme Dramen

Flure schlafen traumbesessen
die Großtyrannen sind geflohen…
beinahe hätten wir sie vergessen
nährten wir uns doch an ihrem Hohn

hier machten sie uns den Rücken krumm
die Köpfe kahl und die Beine lahm…
doch heute beißen die Herrscher auf Linoleum
und Akten kräuseln sich vor Scham

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und beim sich bücken und verrenken
findet man manchmal noch ein Stück Papier
unter den harten Bänken
der Vergangenheit…


2012

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